Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist am 2.7.2023 in Kraft getreten (BGBl. 2023 I Nr. 140 v. 2.6.2023) und dient der Implementierung der EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland. Seiner Einführung ging eine intensive Debatte voraus, insbesondere im Hinblick auf seinen Geltungsbereich. Erstaunlicherweise geht das HinSchG nunmehr sogar über die EU-Richtlinie hinaus. Das HinSchG hält Unternehmen erstmalig dazu an, ein Meldesystem für Hinweisgeber zu installieren– und das branchen- und rechtsformunabhängig. Das Hauptaugenmerk des Gesetzes liegt auf dem Schutz von Whistleblowern, insbesondere in der Arbeitswelt.
Geltungsbereich des HinSchG: Primär richtet sich das HinSchG an Individuen, die im beruflichen Kontext Kenntnis von Missständen erlangen (§ 1 I HinSchG). Dabei sind nicht ausschließlich aktuelle Mitarbeiter geschützt, sondern auch potenzielle Bewerber und ehemalige Angestellte. Gemäß Art. 4 der EU-Richtlinie sind zudem Selbstständige, Anteilseigner und viele weitere Gruppen involviert. Der Schutz nach dem HinSchG wird jedoch nur jenen gewährt, die sich an die gesetzlich vorgesehenen Meldestellen wenden.
Sachlicher Anwendungsbereich des HinSchG: Das HinSchG schützt die Meldung und Offenlegung bestimmten Fehlverhaltens, das in § 2 HinSchG näher definiert ist und insbesondere Straftaten ( I Nr. 1 ) oder die Verletzung von (Bußgeld-)Vorschriften zum Schutz von Beschäftigten (I Nr. 2 HinSchG) umfasst.
Meldestellen: Unternehmen sind verpflichtet, interne Meldekanäle zu installieren. Das HinSchG ermöglicht anonyme Meldungen, schreibt diese jedoch nicht vor. Neben den internen gibt es auch externe Meldestellen auf Bundesebene, wobei die Bundesländer die Möglichkeit haben, eigene Einrichtungen zu schaffen. Obwohl das HinSchG den Hinweisgebern nahelegt, interne Kanäle zu nutzen, ist dies nicht bindend. Es liegt daher in der Verantwortung der Arbeitgeber, ein vertrauensvolles System zu installieren und die Arbeitnehmer dadurch zur Wahl der internen Meldestelle zu animieren.
Die Meldestellen müssen die Identitäten der Meldenden sowie anderer in den Berichten genannten Personen vertraulich behandeln. Etwas anderes gilt nur bei bewusst falschen Meldungen (§ 9 I) oder im Zuge strafrechtlicher Verfahren.
Verbot von Repressalien Ein Ziel des HinSchG ist es, Hinweisgeber effektiv vor negativen Konsequenzen und Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. § 36 HinSchG untersagt daher alle Repressalien gegen Hinweisgebende. Art. 19 der Richtlinie, die im Hinweisgeberschutzgesetz berücksichtigt wird, listet auf, was als Vergeltung betrachtet werden könnte, wie z.B. Suspendierung, Entlassung oder andere negative arbeitsbezogene Schritte. Im Wesentlichen kann jede nachteilige Personalentscheidung als Vergeltung angesehen werden, je nach Kontext des Hinweisgeberschutzgesetzes. Das Gesetz sieht hierbei eine Beweislastumkehr vor. Wenn ein Hinweisgeber nach einer Meldung beruflich benachteiligt wird und dies im Rahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes behauptet, liegt es am Arbeitgeber zu beweisen, dass diese Benachteiligung gerechtfertigt war oder nicht auf der Meldung basierte. Des Weiteren kann ein Hinweisgeber nicht für den Zugriff oder die Beschaffung der gemeldeten Informationen belangt werden, es sei denn, diese Handlungen sind separat strafbar. Der Hinweisgeber verletzt auch keine Vertragsklauseln, wenn er glaubhaft Grund zur Annahme hat, dass die Offenlegung notwendig war, um Regelverstöße im Hinblick auf das Hinweisgeberschutzgesetz aufzuzeigen (§ 35).
Maßnahmen und Verantwortlichkeiten nach dem Hinweisgeberschutzgesetz Seit Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes müssen Arbeitgeber mit 250 oder mehr Angestellten eine interne Meldestelle einrichten. Arbeitgeber mit mindestens 50 Mitarbeitern haben bis zum 17.12.2023 Zeit, die Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes umzusetzen. Bei der Implementierung eines Meldesystems sind schließlich die Vdie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu berücksichtigen.
Für Unternehmen stellen sich mit Einführung einer internen Meldestelle schließlich noch ganz andere Herausforderungen. Denn aufgrund ihrer Legalitätspflicht sind sie zur Aufklärung etwaiger gemeldeter Compliance-Verstöße verpflichtet.